In den 1990er Jahren entdeckte das Forschungsteam um Giacomo RIZZOLATTI im Gehirn von Makaken, dass bestimmte Neuronen sowohl bei der Ausführung als auch bei der Beobachtung zielgerichteter Handlungen aktiviert werden. Diese Nervenzellen spiegeln gewissermaßen mit den Sinnen Wahrgenommenes und spielen eine bedeutende Rolle für das Lerngedächtnis, aber auch für emotionale Fähigkeiten und Verhaltensweisen.
Beim Menschen sind Spiegelneuronen vor allem in den Arealen des sogenannten Spiegelneuronensystems lokalisiert. Hierzu zählen der ventrale prämotorische Cortex, der inferior-parietale Cortex sowie Teile des inferioren Frontallappens. Funktionell sind diese Neuronen in der Lage, beobachtete Handlungen mit der eigenen motorischen Repräsentation zu verknüpfen, ein Prozess, der auch als „motorisches Resonanzsystem“ beschrieben wird.
Da die Untersuchung bestimmter Neuronen beim Menschen nicht ohne weiteres möglich ist, sind die Einflüsse der Spiegelneuronen noch nicht allumfassend entschlüsselt. Es wird jedoch angenommen, dass sie eine enorme Bedeutung auf das motorische Lernen haben, indem sie die Abbildung fremder Bewegungsmuster auf das eigene motorische System ermöglichen. Dieser Mechanismus ist besonders in der frühen Kindheit essentiell für das Erlernen sozialer und sprachlicher Kompetenzen.
Dem Spiegelneuronensystem wird ebenfalls eine große Rolle zugeschrieben, wenn es um Empathie und Emotionserkennung geht. Forschungen haben ergeben, dass beim Beobachten emotionaler Ausdrücke wie zum Beispiel Schmerz oder Freude, ähnliche neuronale Netzwerke aktiv sind wie beim eigenen Erleben dieser Zustände.
RIZZOLATTI und andere Forscher sprechen den Spiegelneuronen zudem eine Schlüsselrolle in der evolutionären Entwicklung zwischen Gestik, Mimik und sprachlicher Kommunikation zu. Die Lokalisation im Broca-Areal, eine Region der Großhirnrinde, die eine Komponente des Sprachzentrums darstellt, unterstützt diese Hypothese.
Die Forschung an Makaken zeigt, dass Spiegelneuronen auch im Tierreich vergleichbare Aktivierungsmuster in motorischen Hirnarealen aktivieren. Vögel, insbesondere Singvögel nutzen ähnliche Mechanismen beim Gesanglernen, während bei Hunden Verhaltensbeobachtungen auf Empathie ähnliche Reaktionen hindeuten. Es liegt die Vermutung nahe, dass spiegelneuronale Systeme in sozial interagierenden Arten besonders stark ausgeprägt sein könnten.
Bei aller Faszination steht die Medizinwissenschaft der These der Spiegelneuronen teilweise skeptisch gegenüber, da belastbare Forschungsergebnisse beim Menschen nach wie vor fehlen. Trotz allem bieten Spiegelneuronen jedoch ein vielversprechendes Erklärungsmodell für fundamentale Aspekte menschlicher und tierischer Sozialkognition. Gleichzeitig bleibt ihre exakte funktionelle Bedeutung ein aktives Forschungsfeld, das weitere empirische und theoretische Klärung erfordert.
Alles in allem ist unser Gehirn und das zentrale sowie periphere Nervensystem ein faszinierender Schauplatz für die Interaktion mit unserer Umwelt und für die passgenaue Steuerung aller Körperfunktionen.
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